Die grundsätzliche Genehmigungspflicht baulicher Anlagen ist für Bayern in Art. 55 Abs. 1 der Bayerischen Bauordnung (BayBO) festgeschrieben, soweit nicht in den Art. 56 bis 58, 72 und 73 BayBO etwas anderes bestimmt ist. Art. 55 Abs. 2 BayBO weist ausdrücklich darauf hin, dass diese Genehmigungsfreiheit nicht von der Erfüllung der Anforderungen befreit, die durch öffentlich-rechtliche Vorschriften an Anlagen gestellt werden.
Art. 57 BayBO bestimmt verfahrensfreie Bauvorhaben. Für Garagen und überdachte Stellplätze im Sinne von Art. 6 Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 BayBO wird in Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 b) BayBO normiert, dass diese mit einer Fläche bis zu 50 qm – mit Ausnahme im Außenbereich – verfahrensfrei sind.
Daneben sind Garagen mit einer Nutzfläche bis zu 100 qm und überdachte Stellplätze nach Maßgabe vom Art. 57 Abs. 2 Nr. 1 BayBO verfahrensfrei, wenn sie im Geltungsbereich einer städtebaulichen Satzung oder einer Satzung nach Art. 81 BayBO liegen, die Regelungen über die Zulässigkeit, den Standort und die Größe der Anlagen enthält und die den Festsetzungen dieser Satzung entspricht.
Gerichtsentscheidungen in Bayern
Carport als selbständiges Bauvorhaben
In seiner Entscheidung vom 30.08.2011 (Au 5 S 11.1015) hat das Verwaltungsgericht Augsburg erläutert, dass Garagen und überdachte Stellplätze verfahrensfrei sind, wenn sie nach Art. 6 Abs. 9 BayBO zulässig sind und als selbständiges Bauvorhaben, d.h. nicht als Bestandteil eines genehmigungspflichtigen Gesamtvorhabens errichtet werden.
Daneben müssen die Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 9 BayBO erfüllt sein, wonach Garagen und Gebäude ohne Aufenthaltsräume in den Abstandsflächen eines Gebäudes sowie ohne eigene Abstandsflächen, auch wenn sie nicht an die Grundstücksgrenze oder an das Gebäude angebaut werden, zulässig, wenn an der betreffenden Grundstücksgrenze eine Länge von 9 m nicht überschritten wird. Die Länge der die Abstandsfläche nicht einhaltenden Bebauung dürfe dabei nach Art. 6 Abs. 9 Satz 2 BayBO auf dem Grundstück insgesamt 15 m nicht überschreiten (ähnlich VG Augsburg, Beschluss vom 29.04.2011, Au 5 S 11 485).
Carport als überdachter Stellplatz und Garage
Das Verwaltungsgericht Augsburg (Urteil vom 15.03.2012, 5 K 11.1354) hatte begründet, dass ein Carport einen überdachten Stellplatz im Sinne von Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 b) BayBO darstelle und daher keiner Baugenehmigung bedürfe. Stellplätze seien nach Art. 2 Abs 8 Satz 1 BayBO Flächen, die dem Abstellen von Kraftfahrzeugen außerhalb der öffentlichen Verkehrsflächen dienen. Daneben würden überdachte Stellplätze als offene Garagen nach § 1 Abs. 2 Satz 3 Garagenverordnung (GaV) anzusehen sein. Hinsichtlich der weiteren Voraussetzungen verwies das Gericht auf Art. 6 Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 BayBO, dessen Voraussetzungen kumulativ vorliegen müssten.
Danach dürfe die grenznahe Bebauung insgesamt eine Gesamtlänge der Außenwände von 9 m je Grundstücksgrenze nicht überschreiten. Bzgl. der baulichen Besonderheiten bei Carports führte das Gericht aus, dass Carports immer Gebäude im Sinne von Art. 2 Abs. 2 BayBO darstellen und insoweit für die Berechnung fingierte Außenwände zu berücksichtigen seien.
Auch das VG Würzburg (Beschluss vom 21.07.2010, W 4 E 10.718) hat einen Carport als überdachten Stellplatz und damit als „offene Garage“ qualifiziert.
Carport mit Abstellraum
Wenn das Bauvorhaben „Carport“ mit einem anderen Vorhaben verbunden wird (z.B. einem Abstellraum), so kann dies Auswirkungen auf die Verfahrensfreiheit haben. So hat das VG Ansbach (Urteil vom 15.10.2009, AN 18 K 09.00647) entschieden, dass bei einem Vorliegen einer einheitlichen baulichen Anlage sich die Verfahrensfreiheit oder Genehmigungsfreiheit nach dem Gesamtvorhaben bemisst. Im vorliegenden Fall wurden Carport und Abstellraum insgesamt als eine bauliche Anlage behandelt und nicht mehr als „Garage“. Die Verfahrensfreiheit im Sinne von Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 b) BayBO erfasse zwar auch Nebenräume. Es müsste sich aber um einen Nebenraum zu einer Garage handeln.
Dies seien Räume, die mit der Garage baulich und funktionell verbunden, insbesondere über sie zugänglich sind und optisch untergeordnet sein müssten. Die Fläche des Nebenraums müsste der Fläche der eigentlichen Garagennutzung deutlich untergeordnet sein und grundsätzlich im Zusammenhang mit der Unterbringung von Garagen stehen.